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Eckart Schädrich
Eckart Schädrich
Farbfeuerwerk vor der Silhouette des Bayerischen Waldes
von Ines Kohl
Diese verrückten Farben, völlig irre, dachte ich, als ich zum ersten Mal
Bilder von Eckart Schädrich sah. Künstlich, fast psychedelisch, und
dennoch war die Sache stimmig. Das war in einer Ausstellung im Spital
Hengersberg. Kurze Zeit später stolperte ich wieder über eine
Einladungskarte. Die Bilder und ihr Maler waren mir sofort präsent. Rot,
orange, gelb, grün, violett, pink und blau, mit einem Farblicht, das von
innen heraus leuchtet. Niederbayerische Landschaften mit gelb-rosa-grün
leuchtenden Feldern, lichte Laubwälder mit hellblitzenden Blättern,
Bäume, die lange, blauviolette Schlagschatten werfen. Ein unverschämt
grün-gelbes Feld, gesäumt von violett-blaugrünen Büschen, und
mittendrin ein freches kleines, rotes Dach als leuchtendes Zentrum.
Gartenwege, Blumenrabatten, Schatten, die zum abstrakten Muster werden,
Wolken, die am überirdischen Augusthimmel des niederbayrischen Gäubodens
schweben wie auf einem surrealistischen Bild von René Magritte. Vor den
blauen Bergen des bayerischen Waldes mit hoch sich auftürmenden Wolken
erstrecken sich sattgelbe, orangerosa und apfelgrüne Felder in der Ebene,
begrenzt vom Fleckenteppich der Laubwälder. Landschaften wie hinter einer
Glasscheibe, eine Art Aquariumseffekt. Dennoch, der Farbauftrag ist fein
strukturiert, differenziertest abgestuft. In den Formationen der Felder und
Schatten ahnt man noch Eckart Schädrichs abstrakt-geometrische Zeit,
während der er, angeregt durch die Farben der rituellen Volkskunst
Indiens, Kreis und Quadrat zu den Grundformen seiner Malerei machte und
symmetrisch geordnete Bilder in angenehm ruhigen Farbklänge komponierte.
Streifen, die sich auf eine Mitte hin konzentrierten und dort zu einer
ruhenden Achse zusammenfinden, Bilder, die Orte der Kontemplation sind und
den Maler in eine systematische Erforschung der Farbe in geometrischen
Kompositionen führten. In der abstrakten Werkreihe „Symit“
–Symmetrie und Mitte – beschäftigte er sich mit diesem Thema.
Nach der Ausbildung an der Folkwangschule Essen und der Kunstakademie in
München begab Eckart Schädrich sich zunächst auf Reisen durch Europa,
Indien, Nepal und Sri Lanka. Seit rund zehn Jahren lebt der in Herrsching
am Ammersee geborene Künstler in Osterhofen. „Die längste Zeit bisher,
die ich an einem Ort geblieben bin, eigentlich bin ich ein Nomade“,
wundert er sich über sich selbst. Die flache Landschaft zwischen Donau und
Vils sei für ihn geradezu ideal – hier hat er den Bayrischen Wald immer
vor Augen. Es war die Landschaft mit ihren sanften Hügeln und der dunklen
Silhouette des Waldes, die ihn dazu angeregt hat, wieder gegenständlich zu
malen. Und er malt ihn immer wieder, den Blick zum Bayerischen Wald, aus
der Weite des Donautals nach Norden. Die wechselnde Farbpalette der
Jahreszeiten, die reizvollen Wetterstimmungen und die Lichtverhältnisse im
Lauf des Tages vermitteln Ruhe im Klang der Farben. Es ist besonders das
Licht in der Zeit vom späten Nachmittag bis zum Abend, das es ihm angetan
hat. Da ist der Lichteinfall am extremsten, die Schatten sind am längsten
und die Abendsonne taucht die Landschaft in unwirkliche Farben. Nach der
langen Phase abstrakter Bildarbeit scheint er die Landschaft in tiefen
Zügen zu genießen. Sie ist nicht nur Inspirationsquelle, „sondern auch
ein Ort der Selbstfindung. Die Farben und Formen der Natur regen meine
Fantasie an, Bäume und Pflanzen, die Landschaft selbst, entfalten ihren
individuellen Charakter und erinnern mich daran, dass auch wir Menschen nur
ein Teil der Natur sind. Durch meine kleinen Reisen, die ich zwischen
Donau, Vils und Rottal unternehme, offenbart sich mir immer mehr eine
wunderbare Landschaft voll überraschender Lichtspiele, Perspektiven und
Stimmungen, die mir das Erstaunliche unseres Daseins vor Augen führt.“
Diese durchaus romantisch zu nennende Weltsicht – „ein bisschen
Romantik darf schon sein“- findet man in den abstrakten
wie in den gegenständlichen Bildern Eckart Schädrichs, denn vorrangig
geht es um die Stimmung und darum, wie die Bilder mit ihren Farben auf den
Betrachter wirken. In einem „Farbtagebuch“ erkundet der Maler die
unendlichen Farbkombinationen.
Dabei kehrt seine derzeit wieder gegenständliche Malerei fast unmerklich
dahin zurück, wo sie seiner ersten Erinnerung nach herkam: zum
Bildteppich. Der Teppicht, auf dem er Laufen lernte, war ein ägyptischer
Kelim mit geometrischem Muster. Eckart Schädrich führt die Anfänge
seiner geometrisch-abstrakten Malerei auf diesen Teppich seiner Kindheit
zurück. Die gegenständlichen Bilder, auf die er wieder Lust bekommen hat,
seit er in der Donaulandschaft Niederbayerns lebt, sind auch ein bisschen
wie Teppiche. Wie Patchwork breiten sich die Felder vor dem Betrachter auf
der Bildfläche aus, ihre Farben sind dicht verwoben mit den Wegen, den
Wäldern und den Bergen im Hintergrund. Ein gewisser Abstand vom Bild ist
nötig, um die Formen und Farben optisch zu sortieren und bei längerer
Betrachtung stellt man fest, dass der Weg hier wieder in die Abstraktion
führt. Letztlich geht es wohl weder um Orte noch um Geometrie, weder um
Gegenstand noch um Abstraktion, sondern um den Eigenwert der Farbe, um ein
rauschendes Fest aus all den unendlich vielen Tönen. „Musik ist mit
Landschaft vergleichbar“, sagt Eckart Schädrich, der beim Malen auch
gerne Musik hört, und so komponiert er seine Bilder. Dass er das anders
macht als die meisten Maler, zeigt sich daran, dass er keine Entwürfe
macht. Er fotografiert viel und beginnt mit kleinen Ölskizzen, die für
sich genommen schon als vollwertige Bilder zu betrachten sind. Dann folgen
mittlere Formate, die kontinuierlich zum großen Format ausgearbeitet
werden. Die Landschaften wachsen mit den Bildern.
Ines Kohl

Vom Klang der Farben in der Landschaft
von Reiner Meyer
„Mich inspirieren die Farben der Landschaft" sagt Eckart Schädrich und
beschreibt damit einen wesentlichen Impuls für seine Kunst. Diesen Impuls
kann man in gewisser Hinsicht einen romantischen nennen, denn es geht ihm
um seine Gefühle beim Betrachten der Landschaft. Dabei ist dem Maler eine
topographische Bestimmbarkeit seiner Motive weniger wichtig. Vielmehr
trägt die Wiedergabe der Stimmung seine Bilder. Wie verändert der Lauf
der Tages- und Jahreszeiten das Licht und die Farbe der Landschaft? Was ist
mit dem Farbklang, mit den Farbakkorden? An diesen Fragen ist Eckart
Schädrich interessiert. 

Die starke und sehr spezifische Farbigkeit seiner Landschaftsmalerei
erinnert an Werke anderer Künstlerinnen und Künstler, an die von Pierre
Bonnard, Gabriele Münter oder auch an die des frühen Kandinsky.
Schädrich leugnet diese Einflüsse nicht. Warum sollte er auch? Diese
Vorbilder prägten ihn und auf diese Weise entwickelte der Maler sein
künstlerisches Bekenntnis zum Eigenwert der Farbe, eine der zentralen
Errungenschaften der Klassischen Moderne. 

Die Wirkung der Farbe ist seine Hauptintention. Durch das Sujet der
Landschaft wird er zu den Farben angeregt. Er selbst beschreibt es als
einen psychischen Prozess, als ein Tasten und Suchen, wie beim Stimmen
eines Musikinstruments, bis man eben den richtigen Ton respektive Farbton
oder Farbklang gefunden hat. „Musik ist mit Landschaft vergleichbar“ so
Schädrich und damit hat er Recht. Man denke nur an Beethovens 6. Sinfonie,
genannt „Die Pastorale“, oder andere Programmmusik, wie Bedřich
Smetanas „Die Moldau“. Dabei kann man sich beim Hören in Landschaften
hineinversetzen und erlebt das „Erwachen heiterer Gefühle bei der
Ankunft auf dem Lande“. Diese heiteren Gefühle setzt Eckart Schädrich
in Malerei um. Im Übrigen hört er beim Malen auch Musik, womit sich ein
künstlerischer Kreis schließt. Letzten Endes ist es der Gedanke der
Synästhesie zwischen Malerei und Musik.


Titel, wie „Morgenlicht“ oder „Abendlicht“, verraten die Intention
des Malers. Manchmal ist das gewählte Format eher ungewöhnlich, wie bei
dem Werk „Niederbayerische Landschaft im März“. Es ist ein markantes
Hochformat, das bei der Wahl des Sujets Landschaft eher selten zum Einsatz
kommt. Hier ist es aber der Himmel, der mit seinen Blau-, Grau-,Weiß- und
Türkisabstufungen den größten Teil des Bildes ausmacht; und so erklärt
sich hier auch das Hochformat. Das Gemälde „Blick zum Bayerischen
Wald“ mit seinen hintereinander gestaffelten Gründen führte letzten
Endes zu dem Werk „Essenz“, einer bereits vereinfachten Wiedergabe der
Landschaft, die aber als solche noch klar erkennbar bleibt. Eckart
Schädrich ist diesen Weg der Essenz-Bildung – man könnte auch
Abstrahierung sagen – konsequent weitergegangen, was in seinem Werk
„Symit“ deutlich wird. 

Ob aber Landschaft oder ungegenständliche Komposition, immer tragen die
aufeinander abgestimmten Farbklänge die sehenswerten Werke des Künstlers.



Das Werk von Eckart Schädrich überzeugt durch seine malerische Qualität
und beeindruckt durch seine Vielseitigkeit, die sich in sehr
unterschiedlichen Werkgruppen zeigt. Das Thema, das sich durch das gesamte
Werk des Künstlers zieht und die scheinbar disparaten Werkgruppen
miteinander verbindet, ist das Zusammenwirken und Ausbalancieren
gegensätzlicher Kräfte.
Das zeigt sich in den Werkgruppen der letzten Jahre.

„Symit“: Symmetrie und Mitte, eine abstrakte Werkreihe, bei der sich
der Künstler auf die Wirkung der Farben bei gleichzeitiger Reduzierung der
Form konzentriert. In spiegelsymmetrischen Kompositionen experimentiert er
mit den Möglichkeiten der Farbe, indem er Gegenpole wie Komplementär-,
Kalt-/ Warm-, Hell-/Dunkel-Kontraste zueinander in Wechselwirkung setzt.

„Landschaft“: in dieser Werkreihe fängt er den Zauber der hügeligen
Landschaft südlich der Donau und des Bayerischen Walds in der für ihn
typischen expressiven Farbigkeit ein, und bringt die Landschaften wie von
innen heraus zum Leuchten. 

„Traumzeit“: hier entführt uns der Künstler in fantastische
Traumlandschaften und schildert in magischen Szenen ein friedliches
Miteinander von Mensch, Tier und Natur.

Sowohl in seinen abstrakten wie auch seinen gegenständlichen Arbeiten geht
es dem Maler um das Miteinander der Farben, die er mit differenziertem
Farbauftrag zu gewagten, höchst ungewöhnlichen Klängen steigert, die
einander gegenseitig zum Leuchten bringen. 

Dr. Alfred Gunzenhauser